Agility ist eine relativ junge Sportart, in welcherr der Hund durch Hör- und Handzeichen des Hundeführers durch einen immer wechselnden Hundernisparcour gelenkt wird. Die Klassen sind nach Größe der Hunden und Leistung unterteilt. Geschwindigkeit, Beweglichkeit und Präzision sind die Erfolgsfaktoren.
Der Hovawart wird bei dieser Sportart sicher viel Spaß finden, Medaillenanwärter ist er selten, weil er zu groß und zu schwer ist, um mit den wendigeren Rassen seiner Klasse mithalten zu können.
Als Vater für den G-Wurf haben wir den gut vierjährigen Bjarni vom Vierseitenhof ausgesucht.
Bjarni ist ein kräftiger, blonder Rüde mit einem mittleren Temperament und einem super Nervenkostüm. Herausragend ist sein überaus freundlichen Wesen .
Wir haben Bjarni im Juni besucht und wir Menschen sowie Fianna haben Bjarni sofort ins Herz geschlossen. Bjarni hat uns überaus freundlich auf seinem Grundstück empfangen und Fianna auch gleich heftig umgarnt. Diese war sehr angetan von dem blonden Galan und tobte mit ihm stundenlang über den Hof, bis beide dann glücklich und zufrieden nebeneinander zur Ruhe kamen.
Am nächsten Tag konnten wir auf der Clubsiegerschau des RZV die Souveränität von Bjarni erleben. Mit seinen anwesenden 9-Monate alten Söhnen vom Brockengarten spielte er hingebungsvoll und im Ausstellungsing mit den anderen Rüden benahm er sich vorbildlich. Und ganz nebenbei wurde er auch noch mit einem Vorzüglich bewertet.
Aber nicht nur Bjarni kennen wir, nein, auch sein Vater Balou vom Wildanger ist uns gut bekannt. Balou wurde aktiv im VPG-Sport geführt, und Balou war unter anderem auch der Vater von Brunis (Anouks Tochter) einzigem Wurf.
Mütterlicherseits kennen wir Bjarnis Oma Blue vom Scheunenweg ebenfalls und waren von ihrem Typ, ihrer Markenzeichnung und ihrem Temperament begeistert. Wir haben mit Anouk die Ostertage 2003 bei Blue im Spreewald verbracht und im Gegenzug machte Blue mit ihren Menschen bei ihrem ersten Deckakt im Dezember 2003 bei uns in Bayern Station.
Wir freuen uns sehr auf die Verpaarung von Fianna und Bjarni - nun muss unser Mädchen nur noch läufig werden. Wir erwarten Welpen in den Farben schwarzmarken und vielleicht auch blond.
Bei Interesse an einem Welpen aus dieser Verpaarung freuen wir uns über eine frühzeitige Kontaktaufnahme.
Etwa im Oktober erwarten wir Fiannas Läufigkeit, die sie schon seit September mit nachdrücklicher Markierungstätigkeit bei hohem Bein ankündigt. Dabei liegen uns zwei Termine im Weg, und zwar die 18-monatige Wartezeit nach dem Deckakt im Juli 2015, wenn dabei mehr als acht Welpen aufgezogen wurden, die erst im Januar 2017 verstreicht und zweitens unsere geplante und gebuchte Blues-Freizeit in Sewekow in der Woche nach Ostern, genau genommen vom 17. bis 23. April 2017. Die Schonzeit für Fianna wurde uns von der Zuchtleitung um einen Monat verkürzt, weil Fianna nun wirklich nicht den Eindruck macht, einen längeren Aufenthalt im Muttergenesungswerk zu benötigen. Somit wäre ab Mitte Dezember ein Deckakt möglich. Und wenn man sich diese Terminplanung genau betrachtet, kommt man schnell zu der Erkenntnis, dass eigentlich nur ein Fenster von etwa einer Woche bleibt, um beiden Terminen gerecht zu werden.
Da sich unsere Hündinnen nur selten an die von uns zur Wahl gestellten Termine gehalten haben, bezweifeln wir aus Erfahrung Fiannas Kooperationsbereitschaft; entweder sie entschließt sich für einen zu frühen Termin oder sie wird uns hinhalten und zwingen, die Ostereier im eigenen Mangfalltaler Garten zusammen mit ihren Kindern zu suchen.
Als der Oktober ereignisleer verstreicht und auch weitere Hündinnen bereits wochenlang überfällig sind, stellen wir uns langsam auf die bei Hündinnen nicht seltene hormonelle Winterdepression ein, mit der sie einen Wurf so lange hinauszuzögern suchen, bis zumindest ein Teil der Welpenzeit ins Frühjahr fällt, was von der Natur zwar wohlbedacht, aber in unserem Falle schlecht gemacht ist.
Mit Ablauf des Novembers haben wir keinen Zweifel mehr an der Richtigkeit dieser Theorie. Eine verfrühte Deckbereitschaft ist überstanden, jetzt gilt es für Fianna, das Deckfenster Mitte Dezember möglichst genau zu treffen, damit die Osterfreizeit nicht in Gefahr gerät. Nur hat uns noch niemand gesagt, wie man es anstellt, eine Hündin zu motivieren, auf den Punkt genau die Rute zur Seite zu legen. Sogar die Zuchtleitung und die kluge Heerschar der Zuchtwartinnen zucken bedauernd die Achseln. Auch die Chefin, selbst Mitglied in der Erweiterten Zuchtleitung des RZV, lässt sich zu keiner Aussage bewegen.
Währenddessen wachsen die Welpenbestellungen kontinuierlich an, ebenso die Nachfragen, was denn nun los sei und wann endlich mit der frohen Botschaft zu rechnen sei. Unser Tipp: 24. Dezember, da wird schon seit 2000 Jahren die Frohe Botschaft verkündet. Indes schauen wir Fianna tief in die Augen, aber sie lässt den Blick über die Brachen des Mangfalltals wandern wie einst Moses den seinen über das Volk der Israeliten. Die Deckpartner im tschechischen Přerov werden schon mal vorsorglich nach deren Feiertagsplanungen abgefragt und geben grünes Licht: keine Planungen, die eine Hochzeit verhindern würde.
Neben der schwindenden Hoffnung auf einen Osterurlaub im nördlichsten Brandenburg treibt uns die Sorge um, dass uns Fianna wieder zu logistischen Verrenkungen der ganz speziellen Art nötigen könnte, nämlich ausgerechnet zwischen den Feiertagen ein Labor für die Decktagsbestimmung zu benötigen; da machen die nämlich alle das, was man gewöhnlich an diesen Tagen macht: Urlaub. Mit dieser Spezialaufgabe betraute sie uns bekanntlich schon Ende 2014, und das Ergebnis der Tour de Force durch das nördliche NRW ist bekannt: nada, rien, nichts, außer einem aufgeblähten Tacho – und einem spürbar ausgedünnten Kontostand.
Fianna hebt bei unseren Spaziergängen weiterhin unverdrossen alle paar Meter ein Bein bis übers Becken, um sich ein paar Tröpfchen aus dem Leib zu pressen, die Rüden des Mangfalltals gehen darauf höchsten pflichtschuldigst ein, Begeisterung versagen sie sich. Nahezu jedes Gespräch oder Telefonat beginnt oder endet mit der Stereotype: immer noch nichts?
Nein, verehrtes Publikum: immer noch nichts!
Am Morgen des 10. Dezembers, eines prächtig strahlenden Samstags, wird der Aushilfschef des Blues bei der Zubereitung eines Obstsalates zärtlich von hinten in die Arme genommen und mit der Frage konfrontiert: "Wolltest du nicht immer schon die Weihnachtstage in Tschechien verbringen?"
"?"
"Rotbraune Schmierblutung!"
Statt Freude wird der Kalender entfaltet und der kennt keine Gnade: Wenn alles von jetzt ab nach dem offiziellen Fahrplan verläuft, geben wir die Welpen ab, wenn die Osterfreizeit in Sewekow gerade zu Ende ist. Gut getimet, rabenschwarzer Verdrusszwerg!
Sonntag, 11. Dezember, 3. Advent
Die morgendliche Nachkontrolle versiegt in dem Satzfetzen: "Fehlanzeige! Nix mehr!" Eine Falschmeldung also, die im Englischen hoax heißt, ein Wort, in dem immerhin der Ursprung Jux steckt, also auch als Schabernack durchgehen kann. Der scheint ihr gelungen zu sein, der Fianna vom Bairischen Blues. Vielleicht kann man aber aus diesem Jux das Beste machen und in naher Zukunft einen schnuckeligen Rüden Hoax taufen. Interessenten für diesen Namen können sich schon mal melden. Wir warten vorerst ab, ob sich Fianna einen hoax geleistet hat oder doch demnächst einen Hoax liefert.
Montag, 12. Dezember
Die erste Maßnahme, welche die Chefin nachmittags, nach ihrer Heimkehr von der Schule trifft, ist der Fingertest, dem Fianna geradezu euphorisiert entgegenfiebert: Noch keine unserer Hündinnen hat sich so bereitwillig auf den Rücken gelegt und über alle Backen gestrahlt wie dieses kraulsüchtige Früchtchen. Und nun ist sich die Fortpflanzungsbeauftragte des Blues sicher: Kein hoax, aber demnächst einen Hoax! Fianna ist läufig, demnach ist ihr also auch kein Runtime-Error unterlaufen, wie man eine fehlerhafte Läufigkeit ja vielleicht auch nennen könnte.
Dienstag, 13. Dezember
Sicher ist sicher: Die erste Morgenhandlung ist die stabile Rückenlage für Fianna, die sie weiterhin unter vorauseilendem Gehorsam einnimmt. Ja! Es stabilisiert sich. No hoax! Go, Hoax, go!
Wenn Fiannas Hitze nach dem gleichen Schema wie 2015 abläuft, wäre am 27. Dezember Hochzeit. Sofern diese erfolgreich über die Bühne geht, würde Fianna um den 28. Februar im Kindbett liegen und um den 25. April würden die Welpen den Blues verlassen.
Mittwoch, 14. Dezember
Der erste Besuch bei unserem bewährten Fortpflanzungsorakel Dr. Dusi-Färber in Baldham bei München. Fürs erste geht es nur darum, bei Fianna eine bakterielle Untersuchung vorzunehmen, um einen Killerangriff auf Erys Spermien und die kleinen Früchtchen im Keim zu ersticken. Am Freitag bekommen wir die Laborauswertung und werden dann sehen, ob wir Gegenmaßnahmen ergreifen müssen; nur selten blieb uns das erspart.
Freitag, 16. Dezember
Fianna beherbergt zu viele Streptokokken und Staphylokokken, was zwar eher normal ist, aber die Frucht schädigen kann. Wir beginnen deshalb mit einer kurzen Antibiotikum-Kur.
Schön langsam verwandelt Fianna unser Heim in eine Art Schlachthof, aber weil sie eine sehr zivilisierte Dame ist, wischt sie ihre Spuren meist selber wieder weg; das hat sie von ihrem großen Vorbild Anouk gelernt, die in dieser Hinsicht schon fast einen Putzfimmel hatte.
Draußen markiert Fianna wie der Pinkelprinz von Hannover; kein Rüde quetscht mehr aus sich heraus als sie.
Sonntag, 18. Dezember
Abends schneit es und das Mangfalltal trägt ein fadenscheiniges, weißes Kleidchen.
Mittwoch, 21. Dezember
Vormittags konsultieren wir mit Fianna wieder unser Fortpflanzungsorakel. Diesmal steht das ganze Prognose-Programm an: Ein Blick in Fiannas Heiligtum mittel Vaginoskop, um die Veränderung der Vaginalschleimhaut zu begutachten, die sich im Laufe der Hitze signifikant verändert und Hinweise auf den richtigen Deckzeitpunkt liefert. Zudem wird ein Abstrich genommen, um unter dem Mikroskop die Entwicklung der Zellen zu begutachten, die sich ebenfalls typisch verändern. Und zum Schluss muss Fianna zur Bestimmung ihres Progesteronwerts noch einen bayerischen Fingerhut (also das doppelte Maß extra-bayerischer Fingerhüte) Blut spenden. Für diese Auswertung des Progesteronwerts haben die meisten Tierärzte nicht die Erfahrung und das Personal, und die üblichen Schnelltests zur Bestimmung des Progesteronwerts haben die Aussagekraft einer Kristallkugel, teilweise, wie wir selbst schon erfahren mussten, sind von deren Interpretation sogar die Tierärzte überfordert. Dann gleich richtig, und wenn man eine Tierärztin mit Spezialisierung auf Fortpflanzungsbiologie in der Nähe hat, macht es Sinn, sie zu Rate zu ziehen. Bisher sind wir damit bestens gefahren.
Donnerstag, 22. Dezember
Per Telefon erfahren wir das Progesteron-Ergebnis: 0,34. Damit hat Fianna zu diesem Zeitpunkt der Läufigkeit nahezu den gleichen Wert wie beim G-Wurf (0,3). Wenn wir morgen wieder zum Orakel gehen, erwarten wir demnach einen Wert um 1.
Heute war ein verspäteter Nikolaus da, vermutlich ein verfrühter Weihnachtsmann. Jedenfalls hing eine Tasche an der Haustür, als der Chef-Dienstleister des Blues von seinen Besorgungen nach Hause kam. Inhalt: ein Sortiment Gaumenschmeicheleien aus dem Feinschmeckersegment. Da jubelt das Herz des Genießers und ist voller Dank. Auf der beigefügten Karte liest er Weihnachtswünsche und den Dank für "den tollsten Hund aus dem G-Wurf". Das freut den Züchter sehr, lässt ihn aber auch zweifeln, ob sich die anderen zehn Nachwuchseigner dieser Ansicht anschließen können. Falls also jemand der Meinung sein sollte, nur einen zweittollsten Hund abbekommen zu haben, darf er sich gerne laut protestierend melden, das wäre dann so etwas wie der erste Shitstorm, der eigentlich ein Candystorm ist. Da sind wir aber mal gespannt. Wir berichten.
Freitag, 23. Dezember
Morgens Regen auf den gefrorenen Boden, da kommt mancher vom rechten Weg ab, wir schaffen es problemlos zu unserem Orakel, wo Fianna die gleiche Prozedur wie mittwochs über sich ergehen lässt, stoisch und ohne Pferdetritt, den sie dem Orakel beim G-Wurf noch verpasst hatte. Die Vaginoskopie lässt vermuten, dass sich Fianna im Gleichschritt mit ihrer letzten Läufigkeit bewegt, was auf einen ersten Decktermin am Mittwoch, den 28. Dezember schließen lässt. Morgen bekommen wir den Progesteronwert per Handy.
Nach dem Arzttermin hat sich die Chefin ein Freudenfeuerwerk für die kleine Schwarze ausgedacht: Hundeplatz! Ein bisschen Revieren, und das auch noch mit ihrem Sohn Girgl, der auch dringend Beschäftigung braucht, weil er alle Unarten eines unterbeschäftigten Jungbullen zeigt. Das trifft sich gut, der Hundeplatz liegt praktisch auf dem Heimweg, also gibt's ein wenig Vorweihnachtssport bei grauem Hochnebelwetter. Immerhin ist der Regen weg. Dafür sind die Weihnachtsurlauber da, augenscheinlich bewegt sich ganz Deutschland, Holland und Belgien in Richtung Süden, was uns zu abenteuerlichen Schleichfahrten auf Wegen zwingt, die ebenso verstopft sind wie die Rennstrecken, weil die neuen Navis offenbar vor keiner Bauernstraße und keinem Forstweg mehr haltmachen.
Samstag, 24. Dezember, Heiligabend
Wir besuchen mit Fiannas Halbschwester und Freundin Effie und deren Personal den Münchner Tierpark Hellabrunn, eine uralte Tradition: Hellabrunn an Heiligabend. Vor allem bei einer aktuellen Läufigkeit bemächtigt sich unser eine diebische Freude wegen der aufgebrachten männlichen Caniden im Zoo, die sich gerne auf die duftströmende Besucherin stürzen würden, von dieser aber nur über die Absperrungen hinweg zum Affen gemacht werden; Wölfe haben wir am Rad drehen sehen, Hyänen, denen das Lachen verging und afrikanische Wildhunde, die völlig hospitalisiert die Reviergrenze niedertrampelten und um Gnade flehten. Doch heute: nichts davon! Kein artfremder Rüde nimmt irgendeine Notiz von unserer Fianna, was darauf schließen lässt, dass ihre Duftemission noch unterhalb der Reizschwelle liegt, die jene Herrschaften am lauschigen Heiligabend aktiv werden lassen.
Das Wetter hat sich zwar von der dauernebligen Hochlage einer windigen und wolkigen Tieflage zugewandt, aber es ist trocken, und dementsprechend entspannt schlendern wir durch den Tierpark. Bei den Tigern fühlt sich Effie wie einst Popey und meint, mal schnell über den Wassergraben springen zu müssen, um den Bettvorlegern da drüben die Leviten zu lesen. Fianna bleibt dabei gelassen, zeigt aber ausgerechnet bei unseren heimischen Luchsen einen Heidenrespekt, stellt die Nackenbürste und schlägt den größtmöglichen Bogen. Ob Effie nachts auf der Boxerzeitung geschlafen hat oder mit sechseinhalb Jahren bereits prädement ist, lässt sich bei ihr, die bei der Wahl zwischen Tod und Teufel gerne mal beides nimmt, so ohne weiteres nicht beurteilen, aber dass Fianna ein ausgesprochen bodenständiges Instinktverhalten hat, schätzen wir sehr an ihr: Warum sich vor dem Fremden fürchten, wenn das Böse liegt so nah? Womit wir mitten in der bundesrepublikanischen Wirklichkeit angekommen wären, der wir damit auch gleich wieder den Rücken kehren, und zwar mit der Mitteilung, dass uns die Temperatur von 5° C an diesem Heiligabend nicht einlädt, den Zoobesuch, wie in den vergangenen vier Jahren, mit einem Weihnachtsschluck im Biergarten der Harlachinger Einkehr zu beschließen. Wir ziehen den häuslichen Punsch vor und die Vorhänge zu.
Am späten Nachmittag meldet das Handy der Zuchtmeisterin einen Progesteronwert von 1,3. Das liegt weiterhin im Plan und wir richten uns darauf ein, am Dienstagabend eine letzte Orakelvisite zu machen, um dann vermutlich blitzschnell am Mittwochmorgen nach Tschechien zu dieseln.
Nach einem sehr weihnachtlichen Roastbeef legt das Christkind dem Ersatzchef des Blues eine nigelnagelneue Kamera (für Insider und Kenner: Canon EOS 7D Mark II) auf den Gabentisch und – sorry, liebe Leute, jetzt muss erst mal alles liegen bleiben! So sehr ihr ein Recht habt, über den Fortgang des im Endstadium befindlichen Anlaufs zum H-Wurf informiert zu werden, jetzt gibt's Wichtigeres zu tun ...
Montag, 26. Dezember, 2. Weihnachtsfeiertag
Fianna nach ihrer WeihnachtsfährteDie Weihnachtsfeiertage ziehen gemächlich dahin: Spaziergänge bei lauen, bis zu 12° C warmen Tagen mit Sonne, Wolken und Wind, Kameratestläufe, behäbige Vorbereitungen auf unsere Mähren-Fahrt und eine weihnachtliche Fährte für Fianna, damit die Sportlernase nicht einrostet.
Noch immer erleben wir keinen Rüdenzulauf, was vermutlich daran liegt, dass die Mehrzahl der hiesigen Rüden keine mehr sind. Die anderen verteilen sich großräumig – und Blacky, der vielmals bewährte Testliebhaber auch schon so in die Jahre gekommen ist, dass auf ihn nur noch sehr bedingt Verlass ist. Im übrigen liegt er vermutlich unterm Weihnachtsbaum und pflegt seine alten Knochen.
Heute ist die letzte Antibiotikum-Gabe fällig, sodass nun auch von der pharmakologischen Seite alles bereit ist für den Hochzeitstermin.
Dienstag, 27. Dezember
Morgens um 8 Uhr ist die Temperatur wieder auf 0° C unten, bei frischem blauen Himmel, aber Fiannas Hitze steigt und lässt sie nicht ruhen. Der Morgenspaziergang an der Mangfall ist eine Aneinanderreihung angehobener Pinkelbeine, mal links, mal rechts, aber generell macht sie einen sehr rastlosen Eindruck. Vor allem treidelt sie uns weit voraus, ein Verhalten, das wir so von ihr nicht kennen, weil sie eigentlich immer in unserer Nähe ist, damit ihr bloß keine Sporteinlage, kein Ball und kein Happen entgeht. Das Rätsel löst sich angesichts von Ben, einem Hovawartmischling und einer von Fiannas Top-Favoriten, der mit seinem Herrchen einige hundert Meter vor uns dahinschlendert. Die Begrüßung ist gewohnt und hovawartgemäß stürmisch, doch schon Sekunden später schlenzt sie die Rute zur Seite und Ben reitet auf ihrem Sterz. So bodenlos ihre Moral ist, so hodenlos ist der Liebhaber und so folgenlos ist der abgewürgte Akt. Aber wir wissen nun, dass sie ab sofort keinen mehr von der Bettkante schubsen würde, und dennoch folgt sie uns auf unseren Ruf und lässt ihren fragmentierten Lover zurück, der an der langen Leine bitterere Tränen als Petra von Kant weint.
Bald mahnen uns schon die digital erhobenen Zeigefinger (digital digits), um Himmels Willen bloß nicht jetzt noch den richtigen Termin zu verschludern. Gemach, gemach: Erst visitieren wir heute um 19 Uhr nochmal das Orakel, dann werden wir uns zur Ruhe legen und morgen früh im vollgepackten Franz II nach Přerov rollen. Erfahrungsgemäß ist es meist zu früh und selten zu spät.
19 Uhr: Der letzte Orakelbesuch. Wieder das volle Programm, und die Ärztin ist beim Blick in Fiannas Innenleben sehr angetan: Das sieht schön aus, resümiert sie. Zytologie und Progesteronwert bekommen wir morgen Mittag. Da sind wir definitiv schon längst unterwegs.
Fianna bereitet sich mental vorUm 7 Uhr, bei 3°C, nehmen wir das tschechische Deck-Abenteuer unter die Räder. Bereits im Chiemgau werden wir von Schneeregen heruntergebremst. Den Grenzübergang Walserberg passieren wir bei 2° C und verdichtetem Schneeregen, der sich schon wenige Minuten später entschließt, endlich ein richtiger Schneefall sein zu wollen und ab Thalgau stottern wir uns in einer langen Schlange mit 40 bis 50 km/h hinter zwei Räumfahrzeugen in Richtung Osten. Die durch säumiges Hormonverhalten an dieser Wetterkalamität Schuldige ruht derweil aufgeräumt in der Koje des Chauffeurs. Ab Laakirchen läuft’s dann wieder planmäßig bei Regen und tiefgrau verhangener Kulisse.
Wir holen uns per Handy Fiannas Progesteronwert von gestern Abend beim Orakel ab: 4,8 ng/ml. Ab 5 ng/ml kann man mit dem Eisprung rechnen – das könnte Fianna jetzt schon erreicht haben – und der optimale Zeitraum für eine sichere Befruchtung liegt etwa zwei Tage nach dem Eisprung. Deswegen empfiehlt uns die Dottoressa, einen Deckversuch bei unserer Ankunft zu versuchen, aber erst am Freitag, besser noch am Samstag nachzudecken.
Um 10:55 Uhr biegen wir bei Krems und Regen auf die A 22 und etwa eine Stunde später auf die A 5 in Richtung Brno (Brünn). Der Regen musste sich mittlerweile den vereinten Kräften von Sonne, Wolken und Wind beugen, was der Ödnis dieser Landschaft sehr entgegenkommt. Auf der B 7 schlängeln wir uns danach durch Dörfer und kleine Ortschaften des Weinviertels, die den zerfallenen Charme des früheren deutschen Zonenrandgebiets verströmen nach Norden. Um 12:45 Uhr erstehen wir dann die für das Selbstverständnis jeder Nation offenbar obligatorische Eintrittskarte nach Tschechien in Form einer 7-Tage-Vignette für 17 €. Nun geht es zügig bei einem dem Eintrittspreis angemessenem Prachtwetter weiter, vorbei an Brno, bis wir um 14:20 Uhr bei blankblauem Himmel und 4° C vor Erys Hofeinfahrt in Kozlovice bei Přerov die Triebwerke abstellen. 666 km haben wir heute für Fiannas Liebesleben investiert.
Wir werden von Hanka, Erys Haushofmeisterin, und Elena, Erys Züchterin, herzlich begrüßt. Letztere ist extra aus Wien angereist, um Fiannas Liebesbemühungen zu dolmetschen, weil Hanka weder Deutsch noch Englisch oder Französisch spricht, und Tschechisch so ziemlich die einzige Sprache nördlich und südlich des Äquators ist, die wir nicht fließend in Wort und Schrift beherrschen. Zwar ist die Liebe eine Himmelsmacht und die einzige Sprache, die alle einander Zugeneigten schnell zusammenführt, aber zwischen Brautwerbern und Zuhältern versagt ihr Zauber.
Der Brauttanz - zu schnell für den Bräutigam und für den FotografenDiese halten sich nicht lange mit Vorreden auf, sondern schicken die Hauptdarsteller unverzüglich in den Ring, also in Erys Hof. Ery lässt sich auch nicht bitten und drängt zur Erledigung der Angelegenheit, nur der Braut steht der Sinn nach Turtelei und Vorspiel. Sowie er sie in seinen Fängen glaubt, entschlüpft sie ihm, umgarnt und betanzt ihn. Ery wiederum ist nur schwer vermittelbar, warum er mit Dübel und Bohrer in der Hand, drauf und dran, ein Loch in die Wand zu treiben, erst mal seinen Namen tanzen und alle Propheten rückwärts hersagen soll. Da ranzt er die Braut knurrig an, ruft sie zur Ordnung und zum Vollzug, aber die entwindet sich ihm wieder und wieder und tanzt wie Suleika. Bevor der mehr raum- als brautgreifende Liebhaber des Narrentreibens überdrüssig wird, greifen wir ein und stellen die Braut in Position, was dieser offensichtlich auch recht ist. Doch nun, das Ziel zum Greifen nahe, ist der Bräutigam so übermotiviert, dass ihm nicht mehr viel gelingen mag. Also packen wir das Brautpaar weg und überbrücken den Nachmittag und das Moratorium mit Tee und Selbstgebackenem und nutzen die Gelegenheit zum deutsch-tschechisch-slowakischen Kulturaustausch.
The making of...Gegen 16 Uhr starten wir einen neuen Versuch, geben der Braut sofort klare Verhaltensanweisungen, denen sie ohne Widerstand nachkommt, und um 16:05 Uhr ist es vollbracht. Drei Zuchtspezialistinnen sorgen für den unwiderruflichen Vollzug, indem sie Braut und Bräutigam in Position halten, und auch damit ist das Pärchen einverstanden. 24 Minuten bleiben sie nun, erst übereinander, dann nebeneinander vereinigt, bevor die Braut dem zukünftigen Kindsvater wieder den Laufpass gibt. Wir sitzen noch eine Weile bei Hanka zusammen, erledigen den Papierkram und berichten der Welt vom erfolgreichen Vollzug.
Danach passiert nicht mehr viel; wir lassen Fianna noch kurz die Beine vertreten, genehmigen uns ein kleines Häppchen auf die Faust und sind um 20 Uhr schon in der Koje – eine kurze Nacht, ein langer Tag und fast 700 Kilometer fordern ihren Tribut.
Der Himmel ist sternenklar bei 2° C. Die Heizung bullert uns heimelig in den Schlaf.
Donnerstag, 29. Dezember
Fianna läuft sich lockerNach rund zwölf Stunden Bettruhe fühlen wir uns um 8 Uhr frisch wie der junge Tag, und der ist richtig frisch: 1° C und fast kein Wölkchen am Himmel über Přerov. Heute haben wir frei, weil uns das Baldhamer Fruchtbarkeitsorakel ja empfohlen hatte, frühestens am Freitag einen zweiten Deckversuch zu wagen. Wir schlendern mit Fianna um die Felder und geben ihr die Möglichkeit, ihren Triebstau nach der langen Fahrt und dem Hormonspektakel mit Ery abzubauen. Die kleine Bäckerei in Kozlovice akzeptiert erwartungsgemäß weder Kreditkarten noch Euros, und so hilft uns Elena mit ihren restlichen Kronen aus, damit wir nicht wieder nach Hause fahren müssen, ohne die Bekanntschaft mit den leckeren tschechischen Backwaren gemacht zu haben. So kommen wir also dank Elena zu einem standesgemäßen Frühstück. Um 11 Uhr verabschieden wir uns von ihr, weil ihre Dolmetschermission im wesentlichen erfüllt ist: Was gefragt werden musste, wurde gefragt, was besprochen werden musste, wurde besprochen, was geklärt werden musste, ist geklärt. Am Freitag sollte das gesprochene Wort nicht mehr die Hauptrolle spielen; für den Fall, dass es gebraucht würde, hat Hanka ihren Neffen bestellt, der etwas Englisch spricht, jedenfalls genug, um die Liebesbemühungen nicht an unserer Sprachlosigkeit scheitern zu lassen.
Schweres GeläufDen Vormittag vertreiben wir uns mit allerlei kleinen Geschäftigkeiten und um 13:15 Uhr brechen wir zu einem weiteren, diesmal ausgreifenderen Spaziergang auf, jetzt allerdings bei 3° C im Schatten, was im vollen Sonnenschein ein paar entscheidende Celsiusgrade mehr ausmacht, jedenfalls so viel, dass der geschmeidige Morgenspaziergang auf gefrorenem Geläuf nun in eine Schlammschlacht ausartet, so viel Schlamm, dass wir Mühe haben, unsere Beine zu heben. Wer das erlebt hat, begreift, warum die größten Feldherren aller Zeiten, Napoleon und Hitler, ihre heroischen Ziele im russischen Schlamm liegenlassen mussten. Auch Fianna kommt ein paar Kilo schwerer zu ihrem Rollmobil zurück, was die Reiseleitung in erhebliche Schwierigkeiten bringt, denn so kommt kein Hund und auch kein Mensch in den Zweier-Franz. Die folgende halbe Stunde bleibt der Rückabwicklung der Verschlammung vorbehalten. Um halb vier Uhr gibt es dann Kaffee und Stollen aus der Heimat.
Um 18:20 Uhr machen wir uns auf den knapp drei Kilometer langen Weg ins Zentrum von Přerov, weil man natürlich nicht wieder abreisen kann, ohne die bekannt leichte Küche der Böhmen und Mähren getestet zu haben. Im Internet wird ein Restaurant, das 'U Labute', mit vielen Lorbeeren überhäuft, also rufen wir dort wegen einer Reservierung an. Englisch scheint nicht die bevorzugte Geschäftssprache im 'U Labute' zu sein, aber Deutsch ist es auch nicht, noch nicht einmal im Ansatz. Am anderen Ende macht sich offenbar Verzweiflung breit und verliert sich in Gestammel. Dann ist die Leitung stumm. Ein zweiter Versuch, beginnt mit einem Verzweifelten „Oh“ und endet ebenso abrupt wie der erste. Beim dritten Versuch wird gar nicht mehr abgehoben. Es reicht uns: Wer im Internet mit einer englischen Speisekarte für sich wirbt, sollte wenigstens des kleinen englischen Alphabets mächtig sein und sich vor allem nicht so rüpelhaft benehmen. Das gibt, so viel können wir schon mal versprechen, eine fette Null im TripAdvisor. Die allerdings nicht der Küche gilt, die uns vorbehalten bleibt, sondern dem Personal.
Wir marschieren natürlich dennoch los und sehen uns um, welche gastronomischen Verlockungen Přerov so zu bieten hat. Ein einladendes Restaurant ist bis auf den letzten Platz voll, ein weiteres finden wir trotz Hand-Navigator nicht, einem dritten wollen wir uns nicht anvertrauen, und schließlich landen wir im 'U Madony', das zwar vorwiegend als Pizzeria Karriere macht, aber auch eine umfangreiche landestypische Karte hat. Unsere Wahl fällt auf eine Art Zwiebelsuppe mit geschmolzenem Käse, Knoblauch, Speck und Schwarzbrot-Croutons, dann eine gegrillte Hühnerbrust mit Kartoffeln (Reiseleiterin) und einem langsam gegarten Schwein ‚Sous Vide‘ mit Kartoffelbrei und Babykarotten (Chauffeur). Dazu ein Glas Wein und ein tschechisches Bier. Um es kurz zu machen: Die Suppe ist jede Wiederholung wert, einfach sensationell, der Rest ist belanglos und keine weitere Betrachtung wert. Das Personal müssen wir jedoch sehr loben, ausgesprochen freundlich, fix und ansehnlich. Das Beste jedoch kommt zum Schluss: umgerechnet 17 € zahlen wir für alles zusammen (außer dem Personal natürlich).
Von der Kleinstadt Přerov mit ihren knapp fünfzigtausend Einwohnern haben wir uns nicht viel erwartet, ein Kleinstadt in der Provinz eben, wie so viele auf der Welt. Und so stellt sie sich dann auch dar: Ein kleiner, alter Stadtkern mit einem großen Einkaufszentrum, ein paar Restaurants, Kneipen, Bars und Puffs, dem von den Zeugen sozialistischen Wohnungsbaus förmlich die Luft abgedrückt wird. Ohne jeden Übergang drängen sich die Plattensilos wie eine mausgraue Zwangsjacke bis an den alten Stadtkern heran und marginalisieren ihn. Wir haben schon viele solcher Städte gesehen und sie dennoch nie als hässlich und als Zeitverschwendung empfunden. Nicht New York, Rio, Tokio, auch nicht Paris, Berlin oder Rom sind es, die uns die Welt begreifbar machen und erschließen. Um sie zu verstehen, muss man Anderlecht sehen, Neugablonz, Bremerhaven, Ostrołęka oder eben Přerov, die alle keine Schönheitskonkurrenz gewinnen werden, sich aber auch nicht mit Pomp und Flitter bedeutender machen als sie sind. So wie von zehntausend Menschen maximal einer für das Titelblatt eines Glamour-Magazins taugt und die anderen 9999 dennoch keine schlechteren Menschen sind, taugen auch nur zwei Dutzend Städte für die Aufnahme ins Weltkulturerbe; der Mangel ist das, womit wir am reichsten gesegnet sind.
Um 21:15 Uhr sind wir wieder bei Fianna zurück, und sternklare -1° C lassen eine frostige Nacht erwarten. Um Gas zu sparen, entscheidet die schwäbische Hausfrau, ein bisschen von Hankas Strom zu naschen und den Heizlüfter zur Unterstützung der Gasheizung einzusetzen.
Nicht alle Entscheidungen schwäbischer Hausfrauen sind untadelig und folgenlos – und das Schweigen des Chauffeurs ist nicht immer eine Tugend.
Freitag, 30. Dezember
Der vorletzte Tag des Jahres 2016 beginnt für uns um 7:15 Uhr mit wolkenlosen -6° C – und einem zwangsenleerten Warmwasserboiler. Wohnmobile haben schlauerweise ein Sicherheitsventil, das bei Unterschreitung einer bestimmten Temperatur öffnet und so den Boiler vor Schaden bewahrt. Als unerfahrene Wintercamper haben die schwäbische Hausfrau und ihr Chauffeur nicht bedacht, dass der Heizlüfter dem Temperaturfühler des Franz II sehr beruhigende Werte liefert, welche den Franz wiederum veranlassten, sein Gas für schlechtere Tage aufzusparen. Der Heizlüfter machte den Innenraum mollig warm, und schickte das ganze Heizsystem schlafen. Und so fröstelte der Boiler und er wurde inkontinent. Der Wasserverlust ist zu verschmerzen, unangenehmer ist, dass man eine ganze Weile heizen muss, bis das System wieder auf eine Temperatur gebracht ist, die dem Sicherheitsventil Entwarnung signalisiert, sodass es sich wieder schließen lässt. Zudem will die Heizung erst einmal gar nicht anspringen, weil auch im Gasfach eine Temperatur herrscht, die das Gas sehr träge machte. Da gilt es gelassen zu bleiben und sich zu loben, dass man einen Heizlüfter dabei hat, der jetzt wirklich zeigen kann, was er drauf hat.
Wir nehmen also den Heizlüfter in Betrieb und schreiten zur zweiten Decktat, die wir mit Hanka für 8 Uhr vereinbart hatten, weil sie heute wieder arbeiten muss, allerdings erst, so versicherte sie uns, wenn die H-Milchbabies in trockenen Tüchern sind.
Innig vereint für 23 MinutenNach der Erfahrung mit Erys Pflichteifer und Fiannas reizender Turteligkeit, greifen wir heute gleich zu einem perfiden Trick: Wir lassen die beiden, wie vorgestern, kurz ihren Kopulationstanz aufführen, der Fianna zur Hochform auflaufen und Ery an die Grenzen seines Gleichmuts bringt. Dann hält Hanka Ery fest. So vom Manne und seiner Zudringlichkeit befreit, stürzt sich Fianna auf ihre Chefin und reagiert sich mit wilden Tanzschritten an ihr ab, springt ihr fast bis über den Kopf, tanzt mit ihr herum, wie ein Derwisch am Stecken, und das bringt das Fass bei Ery nun wirklich zum Überlaufen: Anstatt sich mit ihm zu beschäftigen und der Frauenpflicht nachzukommen, geht sie freudentanzend fremd. So viel Treulosigkeit befeuert Erys Besitzansprüche maximal und sein erster Zugriff nach seiner Freilassung ist dementsprechend zielsicher: Er greift sich die Braut im Nacken und tut, was ihm sein Mannesstolz gebietet: Um 8:02 Uhr am 30. Dezember ist das Paar zum zweiten Mal innig vereint und bleibt 23 Minuten in enger Verbundenheit. Die ganze Zeit über pumpt Fianna in sich hinein, was sie ihm entlocken kann. Dazwischen wird ihr die Angelegenheit allerding mal etwas zu langweilig, sodass sie den einen oder anderen schwachen Versuch unternimmt, das Anhängsel wieder los zu werden, schließlich ist es kein Vergnügen, sich bei -6° C Frostbeulen an den Ballen und vielleicht gar eine Lungenentzündung und Rheumatismus zu holen, nur um dem Herrn zu Willen zu sein. Aber Fianna ist bei all ihrem Temperament und ihrer Frohnatur auch eine solide und ernsthafte Partnerin, die sich ihrem Auftrag sehr bewusst ist, nämlich, sich in Mähren zu vermehren. Schließlich hocken zu Hause die Leute an den Smartphones und warten auf die Vollzugsmeldung. Fianna bleibt ihnen nichts schuldig und auch Ery hat seine Schuldigkeit getan. Dann gibt es noch ein Foto und ein Lächeln für die Welt, wir nehmen uns in die Arme, sagen Danke und trennen uns. Für Ery und Hanka ist alles gelaufen, der Englisch sprechende Neffe darf sich am Geschehen freuen, ohne wirklich gebraucht zu werden – und für Fianna und uns fängt es jetzt erst an.
Inzwischen hat der Heizluftikus sein Werk getan, das Sicherheitsventil schließt wieder, wir besorgen von Elenas restlichen Kronen etwas fürs Frühstück, verbinden das mit einem kleinen Spaziergang und frühstücken um 9 Uhr. Neben der Freude um den zweiten gelungenen Deckakt, begleitet dieses Frühstück in Kozlovice die Zufriedenheit um ein sehr harmonisches und unaufgeregtes Deckgeschehen, weil es von Leuten begleitet wurde, die ihre Hunde kennen und ihr Verhalten interpretieren können und deshalb das Richtige zum richtigen Zeitpunkt tun. Es waren zwischen allen Beteiligten nicht viele Worte nötig, um die Dinge laufen zu lassen, wo sie sich entwickeln müssen und sie zu unterstützen, wo es ein bisschen der Nachhilfe bedurfte. Wir wissen das sehr zu schätzen und einzuordnen.
Um 10 Uhr ist Franz II im Reisemodus und wir verlassen Hanka, Ery und Kozlovice Richtung Brno mit dem Ziel Südsteiermark. Das eigentliche Ziel ist ein Campingplatz auf Krk (Kroatien), da wir dort aber bis spätestens 17 Uhr vorstellig werden sollten, entschließen wir uns für einen Zwischenstopp in der Steiermark, wir sind ja schließlich nicht auf der Flucht. Also fahren wir zurück nach Brno, richten die Nase unseres Franz um 11 Uhr südlich, in Richtung Wien und überqueren um 11:30 Uhr die österreichische Grenze. Weiter geht es in Richtung Graz und schnurstracks auf die slowenische Grenze zu. Um 14:45 Uhr verlassen wir bei Leibnitz die Autobahn und steuern um 15:25 Uhr die 'Teichstub’n' in Gabersdorf an. Bevor wir uns dort vor Anker legen können, muss der Chauffeur aber noch ein T-Shirt durchschwitzen und die Reiseleiterin einen Hysterieanfall unterdrücken, weil uns das Navi anstatt zu den Teichstub’n auf einen Kirchplatz lotst, von dem kaum mehr ein Entkommen möglich scheint. Vermutlich fragt sich der geneigte Leser nun, wie blöd man sein muss, um sich auf einen Kirchplatz locken zu lassen. Die Antwort ist erfrischend schlicht: Weil man erstens seinem Navi eine angemessene Ortskenntnis zutraut und weil, zweitens, der erste Eindruck durchaus die Möglichkeit offen lässt, dass es hinter dem Platz weitergeht, zumal dieser erste Eindruck – drittens – nicht der eines Platzes ist, sondern der einer etwas verbauten Durchfahrt. Wenn man dann dort steht und der Navi erleichtert „Sie haben Ihr Ziel erreicht, das Ziel liegt rechts“ raunt, rechts aber nur eine Kirchenfassade aufragt und links ein ausladendes Pfarrhaus den Weg versperrt und das rückwärtige Ende des Platzes von einer Mauer und Grünzeug markiert wird, ist man ein Stück schlauer – und in der Falle. Der Versuch, auf diesem mit Waschbeton-Bottichen, Eisenpollern und Infotafeln verstellten Platz, 730 cm Franz II zur Umkehr zu bewegen, gleicht dem Versuch, mit einem Öltanker im vollbesetzten Lindauer Hafen zu wenden. Je koboldhafter die Reiseleiterin von Bottich zu Poller wieselt, immer die zwei Zentimeter bis zum ultimativen Lackschaden im Blick und gestikulierend die guten Geister und den Chauffeur beschwörend, doch bittschön ein Einsehen zu haben, folgt dieser seiner Bestimmung und verrückt den Franz Zentimeter um Zentimeter, bis er feststeckt wie der Korken in der Flasche und einsehen muss, dass als einziger Ausweg der bleibt, den Franz auf demselben Zentimeterparcours wieder in die Ausgangsposition zu manövrieren, und den Kirchplatz rückwärts zu verlassen. Das wäre von Beginn an die bessere Variante gewesen, aber wann bietet sich einem leidenschaftlichen Chauffeur schon mal die Gelegenheit, sich und seinen Franz auf der Rasierklinge tanzen zu lassen? Das Manöver gelingt, der violette Kopf der Reiseleiterin verblasst in Richtung rosa und das T-Shirt des Chauffeurs ist reif für die Wäsche.
Wenige Meter nach der Kircheinfahrt führt eine schmale Zufahrt hinunter zur Teichstub’n, die man von oben nicht sehen kann, schon gar nicht, wenn man ihre Lage nicht kennt. Seither wissen wir, dass auch moderne Navis auf Sicht navigieren und empfehlen tiefergelegenen Wirten, ihren Namen aufs Hausdach zu pinseln, damit sie von den Navis identifiziert werden können.
Dann liegen wir fest (N 46° 48‘ 07,7‘‘ E 015° 34‘ 27,2‘‘) und der Kilometerzähler bleibt bei 481 km stehen. Der Himmel über Gabersdorf hat sich beim Harakiri-Manöver nicht verfinstert, sondern trägt noch immer keine Wolke, wie schon den ganzen Tag über. 2° C lassen eine weitere frostige Nacht erwarten.
Stellplatz der Teichstubn in Gabersdorf
Die Teichstubn in GabersdorfDie Teichstub’n gehören zu den vielen Gasthäusern in Österreich, vornehmlich Landgasthäusern, die kostenlose Stellplätze mit Strom und manchmal auch Wasser anbieten. Bedingung ist, dass man sich im Restaurant verköstigt. Das ist eine ausgesprochen sympathische und geschäftstüchtige Lösung, die nur Gewinner hat. Die Teichstub’n offerieren 15 Plätze mit Strom rund um einen kleinen Teich, bewacht von der darüber thronenden Kirche und umspielt von einem geschäftigen Bach. Um unsere Stromversorgung kümmert man sich sofort und überaus freundlich, obwohl das ganze Anwesen im Winterschlaf zu liegen scheint. Nach einem Spaziergang mit Fianna gehen wir ins Wirtshaus zum Essen. Die Teichstub’n sind, wie gesagt, in einer Art Winterruhe, deshalb gibt es nur eine reduzierte Winterkarte: ½ Backhendl, ganzes Backhendl, ganzes Backhendl kreativ, Cordon Bleu und Zander auf Reis. Das Backhendl kreativ ist ein ganzes Backhendl, zum lebenden Hendl zusammengesteckt, und auf Gemüse. Wir entscheiden uns für zwei halbe Backhendl mit gemischtem Salat, natürlich mit steirischem Kürbiskernöl, Pommes für die Reiseleiterin, Kartoffelsalat (natürlich mit steirischem Kürbiskernöl) für den Chauffeur. Dazu zwei Puntigamer und zwei steirische Weißburgunder für die wieder entspannte Reiseleiterin. Die herzliche Kellnerin korrigiert unsere
Das kreative Backhendl der TeichstubnBackhendl-Bestellung von zwei halben auf ein ganzes, was den Preis um 1 Euro reduziert. Das um 1 Euro reduzierte Backhendl ist riesig, köstlich knusprig und auch die Salate sind ohne Fehl und Tadel. Noch fehlerfreier (falls das möglich ist), sind die Wirtsleute und das Personal: herzlich, freundlich, zuvorkommend und bester Laune. Sowohl der Wirt wie auch die erfrischende Kellnerin, beide hundenarrisch, bestehen darauf, das wir unsere Fianna in die Stube holen, worauf uns für den Rest des Abends der Gesprächsstoff nicht ausgeht und Fianna Streicheleinheiten bis zum Schnurrpunkt sammelt. Wie in die Internetwerbung der Passus „Keine Tiere“ gelangen konnte, bleibt uns ein Rätsel. Unsere Frage nach der ausgelobten Campertoilette beantwortet der Wirt zurückhaltend und mit einem verhaltenen Kopfschütteln, weil die nicht mehr in bester Verfassung sei, was aber nichts ausmache, weil er für uns einfach das Haus auf- und das Licht anlasse. Fürs neue Jahr seien einige Arbeiten in Planung, wozu auch neue Toiletten gehören sollen. Wer in diese Gegend kommt, sollte die Teichstub’n nicht umfahren, Gastlichkeit und Herzlichkeit wird hier ganz GROSS geschrieben. Wir bedanken uns und hoffen, bald wieder eine Gelegenheit zu haben, hier eine Nacht rasten zu können. Schließlich sind wir jetzt neugierig, welche Geheimnisse die Saisonkarte birgt, draußen unter dem lauen steirischen Himmel am Teich.
Um 22:15 Uhr beenden wir den Tag bei klaren -4°C und einer Erfahrung, die uns völlig fremd geworden ist: Die Klamotten stinken nach Rauch, ach ja, in Österreich darf man im Gasthaus noch rauchen, und hier raucht jeder, was Gemütlichkeit verströmt, aber auch Gestank. Doch dafür hat der liebe Gott die Frischluft erfunden, und die ist hier heute hinlänglich frisch. Und trotz oder gerade wegen der hinlänglich frischen Luft, bleibt der Heizlüfter heute aus; unser Vertrauen in Franzens Heizung ist grenzenlos.
Mit diesem Tag enden Fiannas Aufzeichnungen bezüglich ihrer Bemühungen um unseren H-Wurf. Ein kurzer Urlaub und die Geschehnisse auf Fiannas Weg bis zur Geburt werden in einem neuen Buch protokolliert.
2. Woche (08.03. - 14. 03. 2017)
Mittwoch, 8. März 2017
Eine alte Bauernregel besagt: "Perpetua kalt, Winter lang". Perpetua war gestern und nun stellt sich die Frage: Sind ganztägige Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt für die Jahreszeit kalt oder eher die Norm? Müssen wir also noch mit mehr Winter rechnen? Und was bedeutet nun der Losspruch für heute: "Wenn's donnert um St. Cyprian, zieht man noch oft die Handschuh' an"? Von Donner kann weit und breit nicht die Rede sein, gestern nicht, heute nicht und morgen sehr wahrscheinlich auch nicht. Heute Morgen messen wir -2° C, die sich später auf bis zu 10° C aufheizen, was jedenfalls auch nicht mehr als kalt bezeichnet werden kann. Gegen die Bauernregeln war sogar das Orakel von Delphi ein Ausbund an Klarheit. Immerhin blitzt überall zartes Blau durch die Wolken und ist ein Fingerzeig, dass nun bald auch zartes Blau unter den Lidern unserer Hallodris hervorblitzen müsste, wenn sie ihre Augen öffnen. Lange kann es nicht mehr dauern. Wir kreieren also einen neuen Losspruch, speziell für Caniden- und Felidenzüchter: "Wenn's Blau unter den Lidern blitzt, ein Augapfel im Köpfchen sitzt". So uninterpretierbar wünscht man sich eine Bauernregel, nicht so ein Geschwurbel, das tägliche Wetterumstürze induziert.
Halten wir uns also weiterhin an Fakten und stellen fest: Die ganztägige Abwesenheit der Chefin bringt die Kinder in die Nähe des Grabes! 320 Gramm Gewichtszunahme für elf Welpen am achten Lebenstag ist ein ernährungsphysiologisches Desaster, von dem der Vize nicht weiß, ob er es sich selbst oder der pflichtvergessenen Mutter zuschreiben soll? 320 Gramm hat der Elferrat schon am dritten Tag gestemmt. Wir müssen nun nicht gleich das Sterbeglöckchen in Schwingungen versetzen, so ist es auch nicht, und die Bande macht auch nicht den Eindruck, als ob wir die UNICEF bemühen müssten, aber Fragen müssen sich beide gefallen lassen, die Mutter, weil sie vor Hetty auf der Waagelauter Trennungsschmerz ihre Pflichten vernachlässigt und der andere, weil er keine Autorität hat, sie an diese zu gemahnen. Welch ein Loser-Duo! Doch zwei echte Situationsgewinnler bringt dieser Tag immerhin, wie es selbst dann noch Gewinner gibt, wenn die halbe Welt in Schutt und Asche fällt. Der eine ist Hallodri, der Fiannas sparsame Öffnungszeiten optimal genutzt und 70 g aufgeladen hat, was ihn zum Schwergewicht und Gewichtsvorsitzenden des Elferrats macht – 850 Gramm. Der abgelöste Ex-Vorsitzende Hartl brachte es nur auf 20 g plus und 810 Gramm. Die weitere Reihenfolge sieht so aus: Hetty 790 (+20), Halina 780 (+20), Hobo 770 (+40), Hedda 720 (+60), Hias 720 (0), Hakuna 710 (+20), Hugo 700 (+20), Harpo 680 (0) und Hubsi 530 (+50!!), der zweite Krisenkönig. Der Kleine ist ein cleverer Kriegsgewinnler; wenn sich die anderen von der Situation überraschen lassen, greift er zu. Unterschätzt mir nur die Kleinen nicht, Napoleon, Picasso, Chaplin, Kant, Gysi...
Deutlich souveräner betreibt Fianna ihre Babyfürsorge bei der Revierpflege: Zuwanderer, Durchreisende, Eindringlinge, Gestrandete, Gegenwärtige und Allgegenwärtige – alles wird als potentieller Problem- oder gar Schadbär eingestuft. Nur ausgewiesene Freunde duldet sie weiterhin in ihrem Revier und behandelt sie mit unverminderter Freundlichkeit und Zuneigung. Alles andere wird beargwöhnt und, sofern wir nicht unseren Einfluss geltend machen, weggemährt. Aggressiv wird sie dabei nicht, aber groß und mächtig, schicksalsträchtig wie der legendäre Watzmann eben; Fianna gibt die Mangfalltaler Watzfrau. Selbstzweifel befallen sie nur, wenn das vermeintliche Opfer unbeeindruckt bleibt, wie der Elektriker, der sich um unsere Hugo und sein GeierPhotovoltaikanlage kümmern soll, ausgewiesener Hundefreund und -kenner, und sich mit unserer Zustimmung ihrer Kinderkiste nähert und sich von einer mährenden und sich vor ihren Welpen querstellenden Mutterhündin nicht beeindrucken lässt, ihr sogar dreist die Schlappohren krault, wo sie ihm doch sogar auf die Zehen steigt und ihr Waffenarsenal aufblitzen lässt. Zefix, hat dem der Strom das Hirn zerfressen? Fianna weiß, wann sie verloren hat oder zumindest keine Punkte mehr sammeln kann und betrachtet die Szene aus dem defensiven Rückraum, jederzeit bereit ihre Meinung bei Bedarf wieder zu ändern. Und gut erzogen, wie sie ist, begleitet sie unseren Besuch schließlich in aller Form wieder zur Tür und komplimentiert ihn mit der ihr innewohnenden Höflichkeit wieder hinaus. Wäre der Photovoltaiker Vorhut einer osteuropäischen Knackerbande, wüsste er nun, dass beim Blues die zu erwartenden Verluste höher ausfallen würden als die erhofften Gewinne.
Heute gehen für den Vize die stillen Tage im Kämmerlein zu Ende: Die Chefin zieht mit ihrer Kindsmutter wieder ins Schlafzimmer. Die Tür bleibt offen und Fianna tapert zwei- bis dreimal die Nacht zu ihren Kindern, legt sie sich an die Brust, putzt ihnen die Hintern, kommt dann wieder zu uns, haut sich dröhnend und stöhnend in die Ecke, damit wir auch Notiz von ihr und ihrem Engagement nehmen und setzt ihren unterbrochenen Schlaf fort. Das tun wir auch in der Gewissheit, dass die kleine Schwarze weiß, was sie zu tun hat.
Donnerstag, 9. März 2017
Es donnert noch immer nicht um St Cyprian herum, aber es nässt, es seicht, es schifft, es plätschert den lieben, langen Tag, die Wolken hängen fast bis zum Boden und das Thermometer hängt rund um 7° C fest. Zusammen mit dem Schmelzwasser reicht ein solcher Tag aus, dass die Mangfall vollläuft und Fiannas Flanierwiesen knöcheltief unter Wasser stehen. Ein einziger Tag nur! Das kommt davon, wenn man alles ungeniert betoniert, ramponiert und kanalisiert. Wenn wir unsere Kinder aufs blanke Holz legen und ihnen keinen saugenden Laken und Vetbeds unterschieben würden, würden ihre kleinen Bächlein, sofern sie nicht von der Mama entdeckt und aufgeleckt werden, auch unsere Küche fluten. Diese Erkenntnis hat sich den Machern des Bairischen Blues sogar schon bei ihrem ersten Wurf erschlossen, und zwar ganz ohne bodenphysiologische und rheologische Gutachten.
Vize, reich mir die Kinder!Die pitschnassen Wiesen sind nicht der Anlass, dass Fianna heute Morgen die kurze Spaziergangsvariante wählt, sich also an den Kreuzwegen konsequent für die kurze Biege entscheidet, ein Entscheidungsmuster, das ihr Musterkatalog normalerweise nicht im Angebot hat. Fianna hat Sehnsucht nach ihren Hallodris und volle Milchtanks. In solchen Augenblicken zeigt sich, dass ihr Mamaprogramm nun voll von ihr Besitz ergriffen hat und alles sonst Wichtige aufgeschoben werden muss.
Gestern hat sich der Elferrat offenbar darauf verständigt, Fastenzeit Fastenzeit sein zu lassen und mal richtig über die Stränge zu schlagen. 560 Gramm Aufschlag deuten jedenfalls nicht auf Selbstkasteiung hin. Dass Hallodri groß herauskommen will, hat er gestern schon angedeutet, indem er Hartl die Krone des Wammerlprinzen abgenommen hat. 70 g war sein Testballon schwer, und der hat voll eingeschlagen. Da kann so einer schon mal einen Höhenflug anstreben und es am nächsten Tag mit 100 g versuchen, mit der Gewissheit, dass ihm bei diesem Zwischenspurt kaum einer folgen kann. Und so geschah es: 950 Gramm! Und wenn man sich nun nach einem Verfolger oder einer Verfolgerin umsieht, geht der Blick ins Leere; die nächste Messgröße liegt bei 830 Gramm, 120 Gramm zurück. Kann man da noch von Verfolger sprechen? Die 830 Gramm (+40) gehören Hetty, die sich aber eigentlich auch schon dem Fußvolk zurechnen muss, weil ihr die nächsten direkt an den Fersen kleben: 820 Gramm für Halina (+40) und Hartl (+10). 800 Gramm (+30) meldet Hobo. Hedda ist mit 790 Gramm (+70) offenbar voll Hoboim Bilde, wenn es um die Besetzung der besten Zapfstellen geht, ein Spielchen, das auch Hugo nicht schlecht zu beherrschen scheint: 780 Gramm (+80); da hat einer noch was vor. 760 Gramm (+50) lässt sich Hakuna in die Bücher schreiben und Harpo ließ sich mit +70 (750) auch nicht lumpen. Hias bescheidet sich dagegen mit 10 g plus (730). Und wer hätte darauf gewettet, dass Hubsi einen hinter sich lässt? Keiner! Das wäre ja direkt monströs gewesen und hätte Fiannas Milchproduktion in die Nähe von Müllermilch bringen müssen. Deshalb ein Hoch auf 60 g Auflastung (590) für Hubsi.
Man sollte ja nicht alle Lebensäußerungen und Verhaltensweisen seiner Kinder gleich überinterpretieren und symbolisch aufbrezeln, aber man darf über die Symbolik eines abgehalfterten Wammerlprinzen Hartl nachdenken, wenn dieser sich in seiner Schnullerbox vor der Chefin aufbaut – hinterrücks, wohlgemerkt –, einen Buckel macht und ihr exemplarisch eine prächtige Wurst vor die Füße setzt. Will er damit ausdrücken (herausdrücken?), dass ihm das alles wurscht ist oder gegebenenfalls darauf hinweisen, dass einer, und er ist immerhin der erste mit dieser ausgeprägten lebenserhaltenden Funktion, der solche Abgänge vorzuweisen hat, eben auf der Waage nur noch mit einer Art Restlast dienen kann. Was im Umkehrschluss hieße, dass die Geschwister überbewertete Schlackenhalden sind und man ihnen vor dem Wiegen erst einmal die Därmchen ausdrücken müsste, um zu seriösen Wiegeergebnissen zu kommen, was er im Falle seines Bruders Hallodri sehr gerne auch selber übernehmen würde. Wie dem auch sei, die Chefin kann sich gar nicht mehr einkriegen wegen dieser Mordwurst des Hartl vom Bairischen Blues, Ex-Wammerlprinz, aktueller Darmol-Repräsentant. Manche können sich eben auch in vorangeschrittenem Alter über jedem Scheiß freuen.
Hakuna und Hubsi leisten sich dagegen einen sehr eigenen Blick auf die aktuellen Ereignisse in der Schnullerbox, indem sie nämlich ihre Lider als Erste einen winzigen Spalt öffnen und versuchen, sich einen Überblick zu verschaffen, was ihnen im Augenblick nur sehr schemenhaft gelingen dürfte. Ein Segen eher als ein Schaden, denn wer weiß schon, was mit der Seele eines Kindes geschieht, wenn sein erster Blick auf ein dampfendes Darmendprodukt fällt? Slumbewohner müssen über Generationen mit so etwas klarkommen, aber doch kein Spross des Bairischen Blues'. So jemand wird doch vermutlich depressiv oder Richter.
Und der Vize denkt vor dem Einschlafen darüber nach, ob er diesen 9. März nun wegen des Wetters und der Ereignisse in der Kinderstube als Scheißtag bezeichnen darf? Wurscht, er macht es einfach.
Freitag, 10. März 2017
Und wieder geht der Blick zuerst in den Bauernkalender und dann hinaus aus dem Fenster und hinüber zum Thermometer. "Friert`s am 40-Ritter-Tag, so kommen noch 40 Fröste nach." Knapp über 0 Grad, also definitiv kein Frost! Entwarnung. "An Vierzigritter kalter Wind, noch vierzig Tage windig sind." Kälte ist bereits geklärt, aber die Bäume regen sich nicht, also auch kein Wind. So kann's weitergehen. "Regen, den die 40 Märtyrer senden, wird erst nach 40 Tagen enden." Nein, es ist wolkig und von Regen ist auch bei den Wetterfröschen heute keine Rede mehr. Alles gut. Oder doch nicht so ganz? "Wie die vierzig Märtyrer das Wetter gestalten, wird es noch 40 Tage halten." Das ist nun doch eine kalte Dusche: Bis nach Ostern wolkig bei 0 bis 5 Grad? Da würden ja die Hallodris zu Stubenhockern ausgebildet. Wer traut sich denn, solche apokalyptischen Aussichten in die Welt zu setzen. Immer diese Märtyrer, die ganze Welt seit Menschengedenken voller misslauniger und miesmacherischer Märtyrer. Und bloß weil die Bibel einen Narren an der Zahl 40 gefressen hat, sollen auch wir uns mit solchen nicht enden wollenden Aussichten anfreunden. 40 Tage und Nächte dauerte angeblich die Sintflut, das finden die 40 Ritter auch für uns gerade angemessen. Moses kuschelte 40 Tage mit seinem Herrn auf dem Berg Sinai, Jesus fastete 40 Tage in der Wüste, bis er nur noch Hirngespinste und Teufelszeug wahrnahm, und die Israeliten irrten nach ihrem Abmarsch aus Ägypten 40 Jahre durch die Wüste, bis sie endlich nach Hause fanden. Und wir sollen uns demnach auch mit 40 Tagen Gruselwetter anfreunden? Nix da, wir sprechen der biblischen Zahlenrabulistik und ihrer distanzlosen Gefolgschaft das Misstrauen aus und glauben an die Corioliskraft und die Macht der Jetstreams, an den Golfstrom und das Azorenhoch. Gerne auch 40 Tage lang.
Auch die Hallodris halten nichts von Zahlensymbolik und schon gar nichts von 40-tägigem Fasten bis Karsamstag (falls jetzt jemand nachzählt: Sonntage sind ausgenommen, weil an Sonntagen nicht gefastet wird!) und genehmigten sich auch gestern wieder einen ordentlichen Schluck aus Mamas Pulle, deutlich weniger zwar als am Vortag, aber offensichtlich waren einige noch mit Verdauen beschäftigt. Die mit dem langsamen Stoffwechsel sind Hubsi, Hedda und Halina, die alle ihr gestriges Gewicht gehalten haben. Bescheiden zugelegt haben Hobo (820) und Hias (750) mit jeweils 20 Gramm. Ebenfalls noch im ernährungsphysiologischen Normverhalten mit 40 Gramm plus bewegen sich Hartl (860) und Hakuna (800). Doch dann entlarven sich die Zitzenkicker und Ellenbogenrempler: Hallodri (1020, Geburtsgewicht verdoppelt) und Harpo (820, Geburtsgewicht verdoppelt) mit je 70 Gramm mehr. Hetty belegt mit 910 Gramm (+80) den zweiten Platz auf der Speckrangliste, schafft aber bei ihrem luxuriösen Geburtsgewicht die Verdoppelung trotzdem noch nicht. Der gewaltigste Zitzenzuzler war gestern Hugo mit 90 Gramm plus (870). Damit haben diese Vier allein 310 Gramm der gesamten 430 Gramm für sich in Anspruch genommen, das sind 72 Prozent des Bruttozitzenprodukts. In der Schnullerbox geht es zu wie im richtigen Leben. Damit das nicht so weitergeht, vermitteln wir speziell Hubsi heute ein paar Zusatztanktermine, weil das zarte Kerlchen sonst von den Ellenbogen der Großökonomen, rein sozialmarktwirtschaftlich natürlich, kampfsportlich ausgehebelt wird. Wir sorgen dafür, dass bei uns keiner bei Hartz IV landet, nur weil es seine Mutter bei den ausgeglichenen Startbedingungen nicht so genau nahm.
Heute, knapp zwei Wochen nach der Geburt, dürfen die ersten Interessenten den Hallodris ihre Aufwartung machen, Kreißsaalpersonal und Nachbarskinder durften ja vorher schon. Acht Leute lassen sich diesen Premiumtermin nicht entgehen und hocken, gottlob nicht alle gleichzeitig, andächtig und voller Rührung um die Blues-Krippe herum. Nach anfänglichen Ressentiments arrangiert sich Fianna mit dem Andrang und den Zudringlichkeiten der Schaulustigen, platziert sich leger zwischen sie und macht das Beste daraus, indem sie sich ganztägig und ganzkörperlich durchwalken lässt. Die von Hand zu Schoß gereichten Hallodris lässt sie dennoch nicht aus den Augen und ein in einer Jackentasche versenkter entginge ihr gewiss nicht. Ihren Mutterpflichten kommt sie ebenfalls zuverlässig nach, indem sie die Speisung des Elferrats zu einem kleinen Event macht, vor allem dann, wenn sich das ganze Mitleid der Besucher und deren Fürsorgeautomatismen über ihre Trödler und Schlafmützen ergießt, jene also, die mit falsch kalibriertem Kompass maunzend und gurrend durch die Kiste irren – und wenn sie nicht geholfen werden vielleicht gar 40 Tage lang.
Hubsi riskiert ein AugeUnd natürlich gilt das größte Interesse den Augen, ob und welche sich schon geöffnet haben. Aber viel hat sich noch nicht getan, winzige Schlitze sind es noch immer und für einen tiefen und innigen Blick reicht es noch nicht.
Ein süßer Dank an EryEine der acht Besucher ist heute auch die Hospitantin Alexandra, die sich die Bitte des Chronisten, auch Ery mit einem Sahnemuffbeutel zu bedenken, so zu Herzen genommen hatte, dass sie ihm gleich eine ganze Herztorte gebacken hat. Nicht weniger als diesen herzigen Rotweinkuchen hat er auch verdient. Wegen deiner Kinder, lieber Ery, haben wir leider keine Zeit, ihn dir persönlich zu überbringen, deshalb lassen wir ihn uns in deinem Namen schmecken. Das geht doch in Ordnung, oder?
Als die letzten Besucher spät abends wieder weg sind, legt sich eine zufriedene Müdigkeit über den Blues. Fianna ist auch so mit sich im Reinen, dass sie vor der Box liegen bleibt, während wir ins Schlafgemach abwandern. Sie will eine Zeit mit ihren Hallodris alleine verbringen und gegebenenfalls noch einen kleinen Night-Cup spendieren, einen Absacker für die Erschöpften und Zerschmusten. Dabei muss sie wohl auch eingeschlafen sein, denn erst eine knappe Stunde später gesellt sie sich zu uns – da hat der Rote Korsar schon längst seine Chance erkannt und ergriffen und sich in den Arm des Vize gekuschelt und ihn in den Schlaf geschnurrt. Fianna durchbricht bei ihrer Ankunft diesen eingeschnurrten Schlaf, indem sie dem Vize die Frage nach der Korrektheit dieser Beischlafgemeinschaft stellt. Der Korsar macht sich klein, kriecht vorsichtshalber unter die Decke und schnurrt dafür umso lauter. Mit einer großen Handvoll Zärtlichkeiten lässt sich Fianna überzeugen, dass der Rote rechtmäßig dort ruht und ihr dadurch kein Schaden entsteht. Sie rumpelt sich in die Ecke und lässt den Roten schnurren, bis ihm die Luft ausgeht. Und wenn er erstickt, soll es ihr auch recht sein. Den Gefallen tut er ihr aber nicht, sondern kuschelt und schnurrt durch, bis der Morgen mit roten Bäckchen aus den Federn steigt.
Samstag, 11. März 2017
Gut, dass die 40 Märtyrer einen Tag früher zu Wort kommen, sonst hätten wir jetzt Frost bis Ostern, denn die roten Bäckchen des Morgens sind den -3° C geschuldet, mit denen er uns aufwartet. Aber der Mangfalltaler Himmel ist, wie es sich gehört, weiß-blau.
Ob es an diesem Spätwinterwetter liegt oder der an der verloschenen Macht der wetterfatalistischen Rittermärtyrer aus dem frühen 4. Jahrhundert oder einfach nur, weil es heute Samstag und die Chefin ganz entspannt ist: Fianna zieht nicht zu ihren Kindern nach Hause sondern ihre wieder erweiterten Kreise durch ihr Revier, dort entlang, wo sie gerne mit ihrer Chefin an den langen und terminfreien Morgen flaniert.
Die Waage macht uns heute schwindelig, denn wie es funktioniert, dass an einem besucherintensiven Tag 670 Gramm zugenommen werden kann, ist das Geheimnis der Hallodris, zumal sich ihre Mutter meist zwischen den Beinen der Schaulustigen tummelte, anstatt ihrer Mission nachzugehen. Nein, sie hat schon getan, was getan werden musste, aber 670 Gramm waren da doch eigentlich nicht drin.
Da sich an den vorderen und hinteren Platzierungen nichts verändert hat, eine solche Wachablösung auch nicht zu erwarten war, bauen wir die Speckrallye der Zugewinnler von oben nach unten auf. 130 Gramm stehen da als Angebot im Raum. Bietet jemand mehr? Nee! And the winner is: Hias! Von 750 auf 880 Gramm (dafür hätte der dyskalkulatorische Chronist beinahe einen Taschenrechner gebraucht). Damit hat sich Hias vom Vorhubsiplatz auf den Hartl saugt sich fest7. Platz katapultiert. 110 Gramm eigneten sich Hartl und Hakuna an. Hartls Ergebnis ist historisch und wissenschaftlich besonders wertvoll, weil er sie von 860 Gramm ausgehend erzuzelte, was ja immer schwieriger ist, als von einem niedrigeren Ausgangspunkt aus. Außerdem konnte Hartl den Beleg liefern, dass männliche Besucherfinger durchaus ergiebig sind, wenn man sich nur lange und innig genug an ihnen festsaugt, immerhin eine knappe Viertelstunde und so innig, dass auch ein Spaziergang mit dem am Finger baumelnden Hartl denkbar gewesen wäre. Entsprechend lange Baraufenthalte bei Mama sind nicht dokumentiert. Hartl erlutschte sich damit wieder den zweiten Platz. Hakuna erarbeitete sich den 4. Platz von einer 800-Gramm-Basis aus und ganz ohne Zuhilfenahme irgendeines Fingers. Geht also auch. Strahlende 80 Gramm (670) meldet Hubsi, der seine Verdauungsdepression überwunden und den letzten Platz mit Ausrufungszeichen stabilisierte. Mit 70 Gramm (890) gehört Hobo am heutigen Tag eigentlich schon zu den Low-Performern, wogegen er an anderen Tagen damit Staat machen könnte, und entsprechend unspektakulär ist seine Platzierung: Rang 6. Hugo konnte 60 Gramm erwirtschaften (930), auch nicht schlecht, aber ... siehe Hobo. Der Lohn, Platz 3. Hallodri ließ es bei 50 Gramm bewenden (1070), wozu sich auch den Schlund verrenken? Das sind immer noch 100 Gramm vor Hartl, dem Zweiten, also FC-Bayern-Klasse. Hias bleibt Hias (trotz der bemühten 130 g) und mia san mia. Scheiß di nix, dann feit da nix (Exobavarisch: Mach dir keinen Kopf, dann klappt's schon). Gegen Ende registrieren wir Hedda (+40 g, 830) und Platz 9 sowie Halina (+20 g, 840) und Platz 8. Das Ende des Fettgerangels markieren ausnahmsweise Hetty (910, Platz 5) und Harpo (820) mit je einer Nullnummer. Harpo hat sich damit auf den vorletzten Platz geträumt; ein bisschen mehr Engagement, bitteschön, vor allem für uns, die wir immer an Eides Statt versichern müssen, dass mit euch Fastenkönigen auch wirklich alles in Ordnung ist.
Harpo geht stiftenNachdem das erste Indoor-Shooting, wie berichtet, nur suboptimales Material lieferte und heute der Himmel so herzerweichend blaut, bitten wir die Hundsbuam und Herzibopperl zu einem Outdoor-Shooting in den Garten. Das klappt dann schon besser, erstens, weil der Vize die Models nicht mehr erwürgt, sondern, zweitens, auf einem Vetbed drapiert, was sie trotzdem zu
Baby-Shooting - So wird's wasAbwendungen und Fluchtversuchen animiert. Man kann die Models platzieren, wie man will, immer drehen sie sich weg. An der Sonne, in die sie schauen müssen, kann es noch nicht liegen, dazu sind die Äuglein noch nicht offen genug. Was ist es? Ein gestörtes Magnetfeld im Garten des Blues, eine aufgebrachte Wasserader unter uns? Oder der Fluch der 40 damischen Ritter? Wir wissen es nicht, es ist immer so gewesen und wird vermutlich auch immer so bleiben. Und es wird die Stimmung des Vize auf ewig ramponieren. Deswegen ist das Shooting jetzt auch Chefsache und die Mama führt Regie. So wird es dann auch was.
Und weil sich heute nur zwei Besucher zu uns verirren, verstreicht der Samstag sehr entspannt. Nicht für den einäugigen Korsar, der heute seinen Einsatz verpasst und wie immer im Bad schlafen muss. An einer vor dem Bett liegenden Fianna wagt er sich dann doch nicht vorbei. Und das ist es auch, was sie ihm dringend rät.
Sonntag, 12. März 2017
"Gregori zeigt dem Bauern an, ob im Feld er sähen kann" oder "Wenn Gregorius sich stellt, muss der Bauer aufs Feld". Wir wollen jetzt nicht kleinlich sein und nachfragen, was der Gregorius denn angestellt hat, dass er sich reumütig stellen muss; so tief wollen wir nicht in die Tiefe der Bauernseele eindringen. Eher schon stellt sich die Frage, wie der Gregor dem Bauern anzeigt, dass er säen kann (bei welcher Gelegenheit man auch gleich noch die Rechtschreibung – säen, nicht sähen – korrigieren kann). Die Zusammenhänge sind offenbar nicht nur für den Chronisten allzu nebulös, sondern auch den Bauern wenig hilfreich, die sich damit behelfen, aufs Feld zu fahren und braune Brühe zu verspritzen, so viel, dass der Vize gar nicht mehr weiß, wohin er seine Mutterhündin führen soll, wenn er sichergehen will, dass sie sich nicht komplett verschissen und stinkend zu ihren Welpen legen muss. In jedem Fall ist nach der Heimkehr erst mal eine Dusche angesagt. Wenn unter diesen Umständen auch noch folgender Spruch Gültigkeit haben würde "Wenn Gregori fällt, heißt`s die Saat bestellt", wird dieses Jahr außer Greifvogelansitzen nicht viel wachsen auf den Feldern des Mangfalltals. Gesät ist jedenfalls nicht geworden. Weiterhin lernen wir, dass um St. Gregor die Schwalben "vorkommen", was darauf schließen lässt, dass dieser Bauernkalender aus dem südbadischen Raum stammen muss, jedenfalls nicht aus dem Mangfalltal, wo auch am Gregorstag, entgegen aller Vorhersagen, das Eis nicht "ins Meer schwimmt". Immerhin messen wir heute Morgen -4° C. Ach ja, sollte es heute windig sein, werden wir – na, wer ahnt es schon? Genau! – 40 Tage Wind haben. Es ist wolkenlos, kein Wind und die Moral von der Gregorigeschicht lautet: Ist das Bauernbrevier zu schrill, macht das Mangfalltal, wie immer, was es will. Ist nicht ganz rhythmisch, dafür aber wahr.
Die Gewichtstabelle gibt heute wenig Anlass zum Jubeln: 330 Gramm sind nicht üppig. Die Tabelle spaltet sich in Profiteure und Abgehängte auf. Die Profiteure sind Harpo (+90, 910) und Hakuna (+80, 990), eventuell noch Hallodri, der mit +60 Gramm (1130) an der Grenze zum unspektakulären Zugewinn liegt. Alle anderen haben sich unwesentlich angereichert oder ihr Gewicht gehalten. Somit bleibt es dabei, dass Hallodri der einzige und absolut unangefochtene Doppelpfünder ist. Hakuna hechelt mit ihren 990 Gramm schon mit gehörigem Abstand hinterher.
und vor sechs Tagen
Die Auslastung des Kuddebetts heuteTrotz dieser letzten Schwächephase füllt sich das Kuddebett nun in einem Maße, dass man sich nur noch die Augen reiben kann. Legt man sich ein Bild des Kuschelbetts daneben, das noch nicht einmal eine Woche alt ist, sieht man, dass die Hallodris (und nicht nur der Hallodri) beinahe explodiert sind. Mama Fianna macht doch einen sichtbar guten Job.
Ebenso rasant wie die Gewichte entwickeln sich die Fertigkeiten der Knirpse. Einige sind in ihrem bescheidenen Rahmen schon recht gut zu Fuß, taumeln zwar noch herum, als ob sie auf der Deichkrone von einer Bö erfasst würden, aber fast stündlich sieht man ihre Fortschritte. Andere, und das ist fast noch beeindruckender, beschäftigen sich nicht so sehr mit ihrer Körperstatik, sondern nehmen Kontakt zu ihrer Umwelt auf. Sie können zwar nur schemenhaft sehen, aber eine in die Kiste gehaltene Hand wird nach Vermögen angesteuert, taumelnd und schleudernd, aber sie wird erreicht, angestupst und angelutscht. Der Nestverbund reicht jetzt schon nicht mehr aus, sozialer Kontakt jenseits des Geschwisterkreises wird wichtig. Aus Stubenhocker werden Naseweise.
HallodriDie motorischen Fertigkeiten beeindrucken naturgemäß mehr als die stillen sozialen Aufbauten. Wenn der Hallodri mit einem einzigen, wuchtigen Kraftakt seinen doppelpfündigen Leib zu Mama ins Kudde wuchtet, löst das im Publikum ein andächtiges Staunen aus, eine Übung, die den zierlichen Hubsi noch überfordern muss, nicht weil er ungeschickter ist, sondern weil er die körperlichen Voraussetzungen noch nicht erfüllt, sich hochzuwuchten und darüber zu stemmen. Es käme ja auch kein Mensch mit 1,60 Meter auf die Idee, sich im Hochsprung zu üben und mit den 2-Meter-Typen mithalten zu wollen. Der Hallodri hat die Größe und die Kraft, die er dafür braucht. Aber auch Hetty und Hedda sind schon ziemlich wieselflink über den Wulst und bei Mama, wenn sie hören, dass die Zapfhähne geöffnet werden. Hias ist dagegen ein beharrlicher Heimwerker am eigenen Leib: Unverdrossen und unermüdlich arbeitet er sich an den Tücken des glatten Fliesenbodens ab, glitscht und gleitet, schlürft und scheitert, aber wir prophezeien, er wird eines Tages der flinkste und spursicherste der ganzen Bande sein.
Die Chefin ist heute den ganzen Tag in Vereinsangelegenheiten außer Haus, was den Vize zum Chef macht – und Fianna gleich testen lässt, ob er auch dazu taugt. Sie beschert ihm, als sie sich in der Küche erhebt, eine mächtige Blutspur, die sie anschließend durchs ganze Erdgeschoß zieht. Zur Strafe muss sie dafür wieder ein Thermometer ertragen, das eine kuschelige Temperatur von 37,8° anzeigt. Auch sonst macht Fianna keinen elenden oder reduzierten Eindruck, also wird schon alles in Ordnung sein. Wer glaubt, die Geburt eines Elferrats sei eine schnell erledigte Sache, sollte sich zur Belehrung die konstituierende Sitzung eines rheinischen Karnevalsvereins zu Gemüte führen. Wem das Lachen dann nicht vergangen ist, kann auch Chef eines Elferrats mit der Präsidentin Fianna werden, ohne sich aus Angst vor dem Tod zu entleiben. Wie ihre Vorgängerinnen hat auch sie jederzeit einen fragwürdigen Scherz auf Abruf parat.
Dennoch ist der Vize und seine Hallodri-Mama ein Herz und eine Seele, vor allem bei einem langen Spaziergang durch den lauwarmen Sonntag. Sie zieht nicht nach Hause zu ihren Welpen, genießt die Sonne und die fliegenden Bälle, während der Interimschef eifrig damit beschäftigt ist, diese in die güllefreien Korridore zu werfen. Unbeschwert könnte man das Treiben bezeichnen, allerdings nicht so ganz unbeschwert, weil Fianna noch sichtbar durchgetretene Füße hat, was man von ihr nun wirklich nicht gewohnt ist. Auch daran kann man erkennen, das die Geburt noch nachwirkt: Die Hormone, welche die Sehnen und Bänder für die Geburt weich und geschmeidig machten, machen auch vor den Beinen und Füßen nicht Halt. Und deswegen patscht die sonst so edle Swingerin mitunter daher wie ein Plattfußindianer.
So gesehen ist also alles, wie es sein soll und zur vollen Zufriedenheit des Vize angerichtet. Nur einen Wunsch hegt er tief in seinem Herzen, und es ist derselbe, der ihn schon sieben Mal um diese Zeit im Würgegriff hatte: Lass es endlich richtig losgehen mit den Knirpsen, lass sie endlich richtig lebendig werden, lass es endlich nach draußen gehen, in dieser Kreißsaalküche kriegt man einen Lagerkoller und wird schwermütig, wenn man mit der Kamera im Anschlag wartet, dass endlich mal ein Hallodri etwas tut, das es lohnt, den Finger am Auslöser zu drücken. Und wenn sich ein bisschen etwas tut, steht immer jemand oder etwas im Weg oder... Immer die gleichen an ihren Geschwistern lutschenden Tollpatsche zu fotografieren, ist nicht seelenfüllend.
Montag, 13. März 2017
Wolkenlos kriecht der Montag aus seinem -6° C frostigen Lager und hat immer noch keine Schwalbe im Gepäck. Eine Schwalbe macht bekanntlich keinen Sommer, aber ein frostiger Gregor macht halt auch keine Schwalbe. Es stellt sich die schicksalhafte Frage, ob wir nun damit rechnen müssen, auch die nächsten 40 Tage keine Schwalbe zu Gesicht zu bekommen. Auch die sorgenvolle Blicke während des Tage in den weiß-blauen Himmel vertreiben die Befürchtungen bezügliche eines eventuell schwalbenfreien Sommers nicht.
Lange, aber nicht unerwartet lange Gesichter, gibt es auch beim Blick in die Gewichtstabelle. Ein Tag ohne die Chefin verhöhnt die Lehre vom immerwährenden Aufschwung und verhagelt die Bilanz: 270 Gramm! Ein kostenbewusster Unternehmer hätte für eine solche Ausbeute seinen Laden gar nicht erst aufgesperrt. Andererseits, und das sollte man bei solchen Erwägungen auch immer berücksichtigen, gibt es sogar an solchen Tagen Kundschaft, und nicht unbedingt die schlechteste. 100 der 270 Gramm gehören nämlich Halina, die das ganze Angebot getestet und für gut befunden hat; eine solche Kundschaft bleibt schon mal hängen. Wenn man die 50 Gramm von Hallodri, der sich nie für nichts zu schade ist, sowie die 40 Gramm von Hedda addiert, bleiben für den achtköpfigen Rest der Mannschaft noch 80 Gramm, die es nicht wert sind, in ihrer ganzen Bescheidenheit dokumentiert zu werden. Nur die strammen Wammen und Wadel ohne Fehl und Tadel der Hallodris lassen uns vom Gedanken an eine Zwangsernährung Abstand nehmen. Für eine neue Ausgabe des Bauernkalenders reichen wir folgenden Vorschlag ein: Ist die Hebamm' nicht im Haus, geht der Amm' die Milli aus.
Wie stramm die Wadeln der Hallodris sind und wie viel Leben auch nach einem Fastentag in ihnen steckt, zeigen Hetty, Hakuna, Hallodri und Harpo, als sie sich direkt nach dem Wiegen aus dem Kudde davonmachen und einen Inspektionsgang in der Küche wagen. Von weichen Beinchen kann nicht die Rede sein, eher von herzerweichender Komik. Aber Mumm hat die kleine Viererbande für elf. Zirpend und kauderwelschend strapsen sie durch ihr noch immer unbekanntes Revier und bitten bald um ein Taxi zu Mami. Nur Hallodri erledigt die Heimkehr auf eigene Faust, zielstrebig und trittsicher, so, wie ein erprobter Liebhaber das Fensterln bewerkstelligt.
Die Chefin ist nach den Erzählungen des Vizes über die gestrigen Spaziergänge stark verunsichert, was nicht allzu häufig vorkommt, denn den heutigen Morgenausgang hält Fianna wieder kurz: Erster Winkel links, zweiter Winkel links, dritter Winkel links, und schon sind die beiden wieder zurück. Ein lustvoll ausgedehnter Morgenspaziergang sieht definitiv anders aus. Sie wird sich vermutlich denken, was hat der, was ich nicht habe? Ein Auto, ist die verblüffend simple Antwort! Die Lösung ist schlicht und für jeden Welpenbesitzer ein Naturgesetz: Pack den zögerlichen Hund ins Auto und fahre nur ein paar hundert Meter weg, schon ist er freudig bei der Sache. Beim Start direkt vom Nest, wählt der Welpe wie die welpenprogrammierte Mutterhündin den kurzen Weg.
Was dem Nesthocken entgegenwirkt, ist die Neugier, deshalb macht die Chefin heute mal die Schnullerbox auf. Die Mutter wird deshalb ihr nesthockendes Verhalten nicht ändern, aber die Hallodris wird es hinauslocken. Und kaum ist die inzwischen auf 30 Zentimeter angewachsene Barriere abgehoben, sind die Ersten draußen, nur eine Handbreit vor dem großen Tor, aber einfach hinaus geschritten, naja: hinaus gewackelt. Es ist etwas ganz anderes, ob man aus dem Kudde der Mama fällt, in das man gesetzt wurde oder ob man seine Höhle aus eigenen Stücken verlässt. Der Schritt hinaus ist nicht deshalb wichtig, weil der Vize lamentiert hat und in der Kiste keine Bilder mehr bekommt (so viele wird es hier in der Küchen auch nicht geben), sondern weil das Reizniveau in der Box ausgereizt ist. Alle versuchen, auf dem engen Raum ihre Beinchen auszuschütteln, klettern über den heiligen Elefanten ihrHugo ist ein besserer Jäger als Spaziergängerer Oma Franzi, der nicht nur sie, sondern auch alle ihre und Fiannas bisherige Welpen überlebt hat und geduldig wie ein ausgestopfter Buddha alles mit sich machen lässt. Eine weiße Ratte, eine schwarze Ratte, ein Flauschi – nicht genug, um der kleinen Welt der Hallodris einen neuen Kick zu geben. Die Außenwelt, für die sie sich nun entschieden haben, muss man bestehen. Es sind nur drei, die sich hinauswagen, und zwei machen schnell wieder einen Rückzieher, auch weil die Mama in der Kiste liegt: Warum in die Ferne schweifen, wenn die Gute liegt so nah? Nur Hugo treibt sich noch vor der Tür herum und macht umgehend Erfahrung mit den Tücken der Welt. Als nämlich die Chefin ein kurzes Video von der Boxenöffnung per WhatsApp in den erlauchten Kreis der Welpenaspiranten schickt und dabei eine Sequenz zu sehen ist, wie Hugo sich einen Stoffgeier greift (der, in den er sich schon zu Wochenbeginn in der Kiste verguckte), vor sich herschiebt, hinter sich herzieht und besteigt, gibt das asoziale Netzwerk seine ganze Bandbreite zum Besten. Während die einen sich euphorisch über den frühkindlichen Beutetrieb begeistert zeigen, raunen die anderen über eine Fehlorientierung und -steuerung, der man eventuell mit einem Psychologen begegnen müsse. Kaum ist der kleine Kerl aus der Box, soll er schon auf die Couch! Also, alles was Recht ist: Hugo ist kein Psycho, er ist ein Beutehugo, der von der Symbolik der Menschenwelt offenbar mehr versteht als diese und sich deshalb sofort über einen Geier hergemacht hat. Ob er eventuell nur auf die Geiermilch scharf sei, sorgt sich jemand? Geiermilch? Da fragt man sich doch, wer auf die Couch muss? Der Hugo doch nicht!
Hugos Weltraumspaziergang währt naturgemäß nicht lange, dann zieht er sich freiwillig in sein sicheres Lager zurück. Ohne Geier. Während abends Besucher um die Box sitzen, öffnen wir sie wieder und lassen die Hallodris zum allseitigen Vergnügen ein letztes Mal an diesem Tag hinaus. Zwei der elf hauen an diesem späten Abend noch eine Nummer raus. Hallodri klettert nämlich als vom Jagen
Hallodri hält mehr vom Spazierengehenumgehend ins Kuddebett zu seiner Mutter (Oh, ah und uiii), hangelt sich zwischen deren Rücken und dem Küchenbuffet, vor dem das Bett liegt, zum anderen Ende, stürzt kopfüber hinaus, dreht um, stemmt sich wieder hinein und legt sich zu seiner Mama, die ihren Sohn und die Huldigungen des Publikums voller Stolz in Empfang nimmt. Unglaubliches Staunen, der Kerl ist eine Wucht und ein Bewegungsgenie. Hobo will da nicht nachstehen und zeigen, dass auch er was kann. Auf den Beinen der Kreißsaalhospitantin Alexandra ruhend, lässt er seinen Pummelpo nach hinten sinken und plätschert ihr einen Teich zwischen die Beine auf den Küchenboden. Dafür erntet er nicht so viel Respekt wie der Hallodri, aber ein lautstarkes Hallo und bestimmt nicht weniger Aufmerksamkeit.
Es sind solche Momente, die uns das Herz öffnen. Es sind solche Momente, die uns immer wieder züchten lassen, die uns den mangelnden Schlaf vergessen lassen, den Ausnahmezustand, in dem man acht Wochen lebt, die Geruchsbelästigung und die Dauerübersäuerung des Magens vom vielen Kuchen. Das alle nehmen wir gerne immer wieder in Kauf, das alles geht immer wieder weg, aber die Erinnerungen an solche Momente bleiben und diejenigen, die für sie verantwortlich sind: die Kinder, die Knirpse, die Hallodris und viele von denen, die an diesen Eskapaden der Zwerge ebenso viel Spaß haben wie wir.
Dienstag, 14. März 2017
Heute liegt das Glück 870 Gramm schwer in der Kiste: die Gewichtstabelle. 870 Gramm, und das trotz der vielfältigen Attraktionen und Herausforderungen. 100 Gramm schreiben wir für Hallodri auf (1280), ebenfalls 100 für Hartl (1070) und 60 Gramm für Hakuna (1070). 120 Gramm lässt Hetty aufschreiben (1060), Hobo, der Deichgraf von gestern, bringt es auf 130 Gramm (1020), Halina, ebenfalls 1020 Gramm schwer, legt 80 Gramm zu. Die letzten beiden Doppelpfünder sind Hias (1000, +110) und Hugo (1000, +30). Harpo hat es nicht mehr weit bis zum ersten Kilo (980, +40), aber Hedda muss noch ein bisschen Gas geben (930, +30). Und Hubsi mampft sich 70 Gramm an und landet bei 760.
Krafttanken für große TatenViel mehr Glück und Erwähnenswertes gibt dieser Dienstag nicht her, außer dass es Hedda und Hetty jetzt dem Hallodri nachmachen und fix ins Kudde zu ihrer Mutter steigen. Hilfe brauchen sie keine mehr. Der Lernprozess ist atemberaubend. Die anderen bemühen sich, dem Küchenboden kleinere Wegstrecken abzutrotzen und werden dabei immer geschickter. Am Ende der kommenden Woche werden wir uns nicht mehr vorstellen können, wie tapsig sie heute noch sind.